Kolumbarium Karmeliterkirche
Boppard

Der Einbau von Kolumbarien in bestehende Kirchen ist eine wichtige Aufgabe des zeitgenössischen Kirchenbaus geworden und es ist von signifikanter Bedeutung, dass für diese Entwicklung das notwendige Verantwortungsbewusstsein entwickelt wird, schließlich hat sie die Kraft das Bild unserer Kirchen nachhaltig zu verändern. Es ist daher die Aufgabe von Architekten, Denkmalschützern und Kirchenbauern die richtigen Regeln für diese Aufgabe zu formulieren, damit mit dem Einzug der Kolumbarien in die bestehenden Kirchen nicht der Geist der Häuser verloren geht. Dies gilt insbesondere für die Karmeliterkirche in Boppard, die einerseits schon in ihrer architektonischen Struktur einzigartig und eine Schatzkammer an christlichen Kunstgegenständen ist, andererseits auch in der Vergangenheit schon unüberlegt einem wichtigen Stück Identität beraubt wurde, als die wertvollen Kirchenfenster verloren gingen.

Die Aufgabe im vorgeschalteten Wettbewerb bestand darin das Kolumbarium im linken Seitenschiff der doppelschiffigen Basilika zu situieren. Beim Betreten der Kirche bauen die beiden Langhäuser eine ungewöhnliche Dynamik und Spannung auf, die insbesondere durch die großen Altäre einen Höhepunkt findet. Das Gefüge des Raumes ist architektonisch einzigartig und konnte schlichtweg nicht verändert werden, weil jeder Eingriff den Gesamteindruck gefährdet. Keine der denkbaren Lösungen für ein Kolumbarium im Seitenschiff lies erwarten, dass sie dem würdigen Trauern und einem verantwortungsbewussten Umgang mit einem Heiligtum wie der Karmeliterkirche ausreichend gerecht werden kann.

Die vorliegende Arbeit findet den passenden Ort für das Kolumbarium unter der Empore im Hauptschiff. Der Raum unter der Empore fällt aus dem sonstige Raumgefüge deutlich heraus. Durch die fehlende Höhe und die offenbare Unwichtigkeit des Raums innerhalb der Kirche entsteht ein Bedeutungsgefälle. Das Kolumbarium kann diesem Raum eine Bedeutung geben. Diese Idee wurde von Denkmalschützern und Fachleuten ausdrücklich begrüßt und beendete die Diskussion um die negativen Auswirkungen, die das Kolumbarium auf die Kirche hätte haben können.

Die Setzung ermöglicht unter dem Gratgewölbe der Empore eine behutsame Raumfolge. Diese beginnt an der Madonnenstatue am Eingang. Hier entsteht Raum für die Ablage von Blumenschmuck und Opferlichtern. Die Eingangssituation löst sich durch das erste Gewölbesegment der Empore behutsam aus dem Kirchenraum und formuliert eine wichtige Schwelle aus der Kirche in das Kolumbarium. Der Übergang ist dabei mit Bedacht gestaltet: Die doppelflüglige Gittertür fasst den Durchgang in den Begräbnis- Raum, der vollständig von Urnenkammern gefasst wird. Der Raum bietet genug Fläche für eine kleine Andacht ohne sich einer würdigen Intimität zu ermangeln. Die Raumfolge schließt mit der Pieta aus dem 15. Jahrhundert. Sie gibt dem Raum eine passende, fast authentifizierende Würde und wird so zum Zentrum des Kolumbariums.

Es entstehen 720 Kammern, die teilweise als Doppel- oder Gruppengräber mit insgesamt über 1.100 Urnen belegt werden können. Alle Kammern werden mit einer quadratischen Steinplatte aus Jura-Kalk verschlossen. Alle Platten werden mit einem sichtbaren Verschlusssystem in der Form von Messing- Kreuzen befestigt.

Die Situierung des Kolumbariums unter der Empore ist selbstverständlich auch ein Eingriff in das Hauptschiff. Es galt daher eine wertige aber unaufdringliche Abtrennung zu finden, die sich in den Gesamtduktus des Bauwerks einfügt, ohne dabei ein neues fremdes Element zu formulieren. Umgesetzt wurde ein Gitterelement, dessen Perforation Anleihen aus den berühmten verlorenen Bopparder Fenstern aufnimmt. Das Gitter gibt dem Innenraum des Kolumbariums die verlässliche Stabilität und schafft vom Hauptschiff her eine schlüssige Ergänzung der Empore.